Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom)
Klinik für Gastroenterologie, gastrointestinale Onkologie und Endokrinologie
Bösartige Tumorerkrankungen der Speiseröhre entwickeln sich in der Regel der Schleimhaut und können von Plattenepithel (Plattenepithelkarzinom) oder von Drüsengewebe (Adenokarzinom) abgeleitet sein. Bösartige Tumore der Speiseröhre (Ösophagus) sind mit insgesamt 10 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner jährlich eine relativ seltene Tumorerkrankung. Die Erkrankung tritt bei Männern 3-4 mal häufiger auf als bei Frauen. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt bei Plattenepithelkarzinomen ca. 55 Jahre und liegt bei Adenokarzinomen bei ungefähr 63 Jahren.
Risikofaktoren
Rauchen und Trinken von hochprozentigem Alkohol stellen die wichtigsten Risikofaktoren für das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus dar. Der gleichzeitige Zigaretten- und Alkoholkonsum führt zu einer Multiplikation des Krebsrisikos. Eine Erhöhung des Erkrankungsrisikos konnte auch für die Aufnahme von Nitrosaminen (z.B. in gepökelter Nahrung) und nach Laugenverätzungen sowie durch bestimmte Virusinfektionen (HPV, EBV) aufgezeigt werden.
Für das Adenokarzinom stellt das Vorliegen einer gastro-ösophagealen Refluxkrankheit (chronisches Sodbrennen) den größten Risikofaktor dar. Allerdings erkrankt nur ein kleiner Anteil von Menschen mit gastro-ösophagealer Refluxkrankheit an einem Ösophaguskarzinom (unter 0,01 %). Eine durch chronische Entzündung veränderte Schleimhaut kann dabei spezielle Veränderungen (Präkanzenrosen) aufweisen, für die ein erhöhtes Entartungsrisiko besteht (z.B. Barrett-Schleimhaut).
Symptome
Das Leitsymptom des Ösophaguskarzinoms sind Schluckbeschwerden (Dysphagie). Weitere Symptome, die jedoch meist erst bei fortgeschrittenen Tumoren auftreten, stellen Gewichtsverlust und Schmerzen hinter dem Brustbein oder im Rücken dar. Es können auch Lungenentzündungen (Aspirationspneumonie) auftreten, wenn eine tumorbedingte Verbindung zwischen Speise- und Luftröhre (ösophago-tracheale Fistel) besteht und Nahrung bzw. Speichel in die Atemwege gelangt.
Je nach Lokalisation und Art des Tumors (Adeno- oder Plattenepithelkarzinom) sowie mit fortschreitender Dauer der Erkrankung treten Absiedelungen des Tumors (Metastasen) in Lymphknoten und anderen Organen (z.B. Leber, Lunge) auf.
Diagnose
Nach Diagnosestellung eines Karzinoms der Speiseröhre werden eine Reihe von Untersuchungsverfahren zur Festlegung der genauen Ausbreitung des Tumors im Körper durchgeführt. Diese Verfahren dienen der Einteilung der Erkrankung und sind wichtig in der Entscheidung, welche Therapie bei individuellen Patient*innen anzuwenden ist. Hierzu sind folgende Untersuchungen durchzuführen:
- Magenspiegelung (Gastroskopie)
- Endoskopischer Ultraschall (Endosonografie)
- Computertomographie des Brustkorbes und Bauchraums
Im Rahmen einer Magenspiegelung können die genaue Lage und örtliche Ausdehnung bestimmt und Proben zur feingeweblichen Untersuchung (Histologie) gewonnen werden.
Mittels einer endoskopischen Ultraschalluntersuchung in der Speiseröhre können die lokale Ausdehnung des Tumors bestimmt und möglicherweise bereits befallene Lymphknoten in der Nähe des Tumors dargestellt werden.
Bei mit dem Endoskop nicht passierbaren Tumoren kann ein Röntgen-Breischluck Informationen über die Längenausdehnung des Tumors sowie den Grad der Einengung liefern. Mit dem Breischluck können darüber hinaus Verbindungen zwischen Speise- und Luftröhre (ösophago-tracheale Fisteln) nachgewiesen werden. Zur Untersuchung einer Beteiligung der Bronchien kann ggf. die Durchführung einer Spiegelung der Luftwege nötig sein.
Die Computertomographie ermöglicht Aussagen über mögliche Absiedelungen des Tumors (Metastasen) in anderen Organen oder Lymphknoten.
Therapie
Eine Behandlung, die eine Heilung der Patientin / des Patienten zur Zielsetzung hat, ist in den meisten Fällen nur durch die vollständige chirurgische Entfernung des Tumors möglich (R0-Resektion). Je weiterer fortgeschritten die Ausdehnung des Tumors (höheres Stadium) ist, desto schlechter stellt sich die Prognose betroffener Patient*innen dar. Ein wichtiges Therapieziel einer jeden Patientin / eines jeden Patienten mit Speiseröhrenkrebs besteht in der Sicherstellung der Ernährung.
Anhand des vorliegenden Tumorstadiums UND des Allgemeinzustands der Patientin / des Patienten muss die geeignete Therapie mit der Patientin / dem Patienten gemeinsam ausgewählt werden. Im Einzelnen stehen folgende Therapieverfahren zur Verfügung:
Operation mit Ziel der Heilung (in kurativer Absicht)
Bei Vorliegen von kleinen Tumoren ohne Anhalt für befallene Lymphknoten oder Fernmetastasen ist die operative Entfernung des Tumors Therapie der Wahl, falls keine anderen Gründe (z.B. schwere Erkrankungen von Herz oder Lunge) gegen die Operation sprechen. Die Art und das Ausmaß der Operation hängen vor allem von der Lokalisation des Tumors in der Speiseröhre ab. Sehr kleine Tumore, deren Ausdehnung auf die Schleimhaut begrenzt ist, können evtl. endoskopisch abgetragen werden.
Besteht in der bildgebenden Ausbreitungsdiagnostik der Verdacht auf größere Tumore oder befallene Lymphknoten, so sollte eine perioperative oder präoperative (Radio)Chemotherapie durchgeführt werden.
Chemotherapie
Die Chemotherapie kann bei Patient*innen mit Adenokarzinom der unteren Speiseröhre mit Anhalt auf mehrere befallene (z.B. > 3) tumornahe Lymphknoten dazu eingesetzt werden, diesen Tumor vor einer möglichen Operation zu verkleinern, um so die Chance auf Heilung zu verbessern (perioperative Therapie). Hierbei können Patient*innen unseres Zentrums auch im Rahmen von Studien behandelt werden.
Eine palliative Chemotherapie kann bei Patient*innen mit Speiseröhrenkrebs (Adeno- oder Plattenepithelkarzinom) zum Einsatz kommen, bei denen eine Operation nicht möglich ist. Neben dem Ziel einer Lebensverlängerung sollte die Chemotherapie insbesondere der Linderung von Beschwerden dienen, die durch den Tumor hervorgerufen werden. In erster Linie kommen hierbei Kombinations-Chemotherapien zum Einsatz.
Kombinierte Behandlung aus Strahlen- und Chemotherapie (Radiochemotherapie)
Eine kombinierte Strahlen- und Chemotherapie wird vorwiegend bei Plattenepithelkarzinomen eingesetzt, aber auch bei Adenokarzinomen, und ist vor allem dann sinnvoll, wenn der Tumor noch keine Fernmetastasen gebildet hat. Diese Therapie kann bei Patient*innen zum Einsatz kommen, um den Tumor vor der Operation zu verkleinern und dadurch die Heilungsaussichten zu erhöhen (neoadjuvante Radiochemotherapie).
Für Patient*innen mit einem Plattenepithelkarzinom, die trotz nicht vorhandener Metastasen nicht mit dem Ziel der Heilung operiert werden können (ungünstiger Sitz des Tumors oder Erkrankungen von Herz und Lunge), bietet diese Therapieform eine gute Alternative zur Operation. Hiermit kann im Rahmen einer definitiven Radiochemotherapie auch eine Heilung erzielt werden.
Problematisch ist es aber, wenn der Tumor in sehr enger Lagebeziehung zur Luftröhre steht, da im Rahmen der Radiochemotherapie Verbindungen zwischen Luft- und Speiseröhre entstehen können.
Verglichen mit alleiniger Bestrahlung oder Chemotherapie ist die Kombination beider in der Regel für die Patientin / den Patienten mit einer höheren Nebenwirkungsrate verbunden, so dass die Indikation zu dieser Therapie von den behandelten Ärzten mit der Patientin / dem Patienten ausgiebig besprochen wird.
Strahlentherapie
Durch eine ausschließliche Strahlentherapie kann bei lokalen Problemen, wie z.B. Schmerzen durch Absiedelungen des Tumors in anderen Organen (z.B. in den Knochen) dort mit relativ guter Verträglichkeit ein guter Therapieeffekt erzielt werden.
Unterstützende (supportive) Therapieverfahren
Diese Therapie betrifft Beschwerden, die uns von der Patientin / vom Patienten mitgeteilt werden oder dienen der Vermeidung drohender Komplikationen durch den Tumor. Hierzu gehören:
- Schmerztherapie
- Behandlung von Verbindungen zur Luftröhre und damit Verhinderung von Lungenentzündungen, z.B. durch einbringen eines Stents oder Verschluss einer Fistelöffnung
- Verbesserung der Schluckbeschwerden, so dass eine möglichst normale Nahrungsaufnahme gewährleistet wird
Im Einzelnen stehen uns zur Aufdehnung einer tumorbedingten Engstelle in der Speiseröhre unter anderem folgende Möglichkeiten zur Verfügung
- Aufdehnung (Bougierung) der Engstelle unter Durchleuchtung
- Einbringung eines Metallgitters (Stent), das die Speiseröhre offen hält
- Strahlentherapie (von außen oder direkt im Inneren der Speiseröhre)
- Lasertherapie (insbesondere bei kurzen Engstellen)
Auch mehrere dieser Verfahren können gleichzeitig zum Einsatz kommen. Eine weitere Möglichkeit zur Sicherstellung einer ausreichenden Ernährung ist die Anlage einer Ernährungssonde durch die Haut in den Magen (PEG-Sonde). Dies ist z.B. auch zu Beginn einer Strahlentherapie möglich, während der es zu einem Anschwellen der Schleimhaut kommen kann, so dass eine PEG-Sonde häufig vorbeugend vor Therapiebeginn angelegt wird. Wenn die Sonde nicht mehr gebraucht wird, kann diese wieder entfernt werden. Vorübergehend kann auch eine parenterale Ernährung mit Infusionen über einen dauerhaften venösen Katheter (z.B. Port-System) die tägliche Kalorienzufuhr unterstützen.
Prognose
Falls ein Rezidiv (Wiederauftreten des Tumors im ehemaligen Tumorgebiet oder neue Metastasen) auftritt, sollte eine erneute Therapie erfolgen, wobei hier in den meisten Fällen keine Heilung mehr erreicht werden kann.
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