AG Siggelkow

Klinik für Gastroenterologie, gastrointestinale Onkologie und Endokrinologie

Forschungsschwerpunkte

Die Rolle der 11-beta Hydroxysteroid-Dehydrogenase Typ 1 für die Entstehung der Altersosteoporose

Hintergrund: Nach Erreichen der sog. Spitzenknochenmasse, etwa mit 30 Jahren, kommt es statistisch etwa ab dem 40. Lebensjahr zu einem allmählichen Abfall der Knochenmasse in beiden Geschlechtern um ca. 0.5 % im Jahr. Dieser altersabhängige Knochenmassenverlust, der ab einem bestimmten Ausmaß zur Altersosteoporose führt, ist ursächlich nicht geklärt, könnte jedoch mit den zahlreichen altersabhängigen Veränderungen des Hormonsystems, des Stoffwechsels und der physischen Aktivität zusammenhängen. Ein grundlegendes Verständnis dieses Prozesses und deren molekulare Ursachen könnten neue therapeutische und möglicherweise sogar prophylaktische Interventionen möglich machen.

Hypothese: Das körpereigene Enzym 11bHSD1 (11-beta Hydroxysteroid-Dehydrogenese 1) wandelt hauptsächlich in Leber und Fettgewebe, aber auch im Knochen Glukokortikoide in aktive (Cortisol, Prednisolon) oder inaktive Substanzen (Cortison, Prednison) um. Eine erhöhte Konzentration von aktiven Glukokortikoiden im Knochen führt zu einer erhöhten „Knochenverfettung“ und einer Abnahme der Knochenstruktur. Somit ist unsere Hypothese, dass die Zunahme des Fettgewebes durch unterschiedliche Aktivität das Cortisol aktivierenden Enzyms 11bHSD1 verursacht wird. Diese unterschiedliche Aktivität kann durch verschiedene "single nucleotide polymorphism" (SNPs) verursacht warden.

Wir konnten im Vorfeld bereits zeigen, dass HSD11B1 Polymorphismen mit supprimierten Cortisolspiegeln und Knochendichte (bone mineral densitiy (BMD)) in Patienten mit Osteoporose assoziiert sind. Die Daten weisen dem Enzym 11βHSD1 eine Rolle in der physiologischen Glucokortikoid Regulation am Knochen und der Entwicklung und Ausprägung einer Osteoporose zu.

In dem aktuell von der DFG geförderten Projekt wird der klinische Zusammenhang zwischen den SNPs für das Enzym 11bHSD1 und der klinischen Auswirkung prospektiv an einem Osteoporosekollektiv untersucht . Zusätzlich zur Knochendichte sind weitere Einflüsse der SNPs auf Muskelfunktion, Stoffwechsel und Depression von Interesse. Weiterhin wird mittels verschiedener Zellsysteme der Effekt der Änderung des Polymorphismus auf die Zelldifferenzierung analysiert, insbesondere auf die Cortisolsynthese. Der Wechsel der Differenzierung in Richtung Fettzellen beweist im Zellsystem die Veränderung, die langfristig im Menschen zu einer Osteoporose führen kann. 

Im Rahmen von retrospektiven Analysen des großen Osteoporosekollektives des MVZ Endokrinologikum Göttingen werden weiterhin Fragen zu Frakturrisiskoscores, Muskelfunktion und speziellen Laborparametern beantwortet.

Schwerpunkt Seltene Knochen- und Skeletterkrankungen

In der EU gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Seltene Knochenerkrankungen haben einen signifikanten Anteil an den seltenen Erkrankungen. Nach derzeitigem Stand gibt es 461 unterschiedliche Skeletterkrankungen, die durch Veränderungen in 437 Genen verursacht werden. Die genetischen Ursachen betreffen eine Vielzahl von unterschiedlichen funktionellen Modulen und Signalwegen. Einen besonderen Schwerpunkt bilden jedoch an der Bildung der extrazellullären Matrix von Knorpel und Knochen beteiligte Gene und Störungen des Kalzium- und Phosphatmetabolismus. Mit den Themen ist die Arbeitsgruppe Teil eines 2021 gegründeten B-Zentrums für Seltene Skeletterkrankungen. 

Hypoparathyreodismus

Hypoparathyreodismus

Der chronische Hypoparathyreoidismus (HypoPT) ist eine seltene endokrine Störung, die sich durch mangelnde oder fehlende Produktion des Parathormons (PTH) auszeichnet. In den meisten Fällen wurde der PTH-Mangel durch Entfernung oder Verletzung der Nebenschilddrüsen verursacht, was in der Folge zu Hypocalcämie, Hypercalciurie sowie Hyperphosphatämie führt. Trotz Substitution von hochdosiertem Calcium und Vitamin D haben viele HypoPT-Patienten erhöhte Risiken, u.a. für renale Komplikationen, Krampfanfälle, neuropsychiatrische Störungen und Infektionen. Diese Patienten haben durch einen hohen Leidensdruck oft eine verminderte Lebensqualität. Weiterhin ist die Erkrankung mit deutlich erhöhter Morbidität und Mortalität assoziiert.

In der Arbeitsgruppe wurde ein Fragebogen, der Hypoparathyroidism Questionaire 28 (HPQ28), entwickelt um die Beschwerdelast von Patienten besser erfassen und beurteilen zu können. Dieser Fragebogen enthält 28 spezifische Fragen, die 5 Skalen zugeordnet werden können: Neurovegetative Symptome, Schmerzen und Krämpfe, Depressionen und Ängste, gastrointestinale Symptome und Vitalitätsverlust. Drei weitere Einzelfragen zu Taubheitsgefühl und Kribbeln, Gedächtnisproblemen und Herzklopfen stehen für sich allein. Im Rahmen der Fragebogenauswertung wurde erstmalig eine Skala Schmerz identifiziert, die bei Patienten mit Hypoparathyreoidismus signifikant stärker war als in Kontrollgruppen.

Von aktuellem Interesse ist vor allem den Zusammenhang zwischen der Beschwerdelast und den objektiven Befunden des Patienten besser zu verstehen und den Effekt der verschiedenen Therapieformen zun untersuchen. Der spezielle Fokus bei diesen Studien liegt dabei zurzeit auf den Parametern Schmerz und Lebensqualität, die in einer prospektiven Studie in Kooperation mit zwischen dem MVZ Endokrinologikum Göttingen und der Anästhesiologischen Praxis Hagenguth-Görs erfasst werden. Dabei wird der spezifische HPQ28 mit anderen Fragebögen (Deutsche Schmerzfragebogen, Fibromyalgie-Fragebogen, SF-36) verglichen um die bei Hypoparathyreoidismus auftretenden Schmerzen besser zu verstehen.

Weiterhin wird der Fragebogen HPQ28 an 2.500 gesunden Probanden getestet und ein online-Tool zur vereinfachten Eingabe mit direkter Auswertung entwickelt.

Osteoporose bei Mastozytose

Die Mastozytose ist eine komplexe Erkrankung, die durch die Ansammlung von abnormen Mastzellen (MC) in der Haut (kutane Mastozytose (CM), im Knochenmark oder anderen Organen (indolent systemische Mastozytose (ISM) charakterisiert ist. Klinisch manifestiert sich die Mastozytose durch die von den Mastzellen sezernierten Mediatoren und durch die destruktive Infiltration durch die Mastzellen selbst. Dabei können die Mastzellen auch den Knochen infiltrieren und dann bei einem Teil der Betroffenen zu einer Osteoporose führen. Eine Mastzell-bedingte Osteoporose kann sich als schwere Verlaufsform mit multiplen Frakturen manifestieren. Dabei berichten Patienten über starke Knochenschmerzen, die sich mitunter schwer lokalisieren lassen. Gleichzeitig kommt es zu einer Minderung des Knochenmineralsalzgehaltes oder zu Frakturen, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule. Die Diagnose ISM kann zweifelsfrei nur durch eine Gewebebiopsie des betroffenen Organs, z. B. des Knochenmarks gestellt werden. Mastzellaggregate ≥15 Zellen im Knochenmark und/oder in einem anderen extrakutanen Organ gelten als Hauptkriterium. Als Nebenkriterium werden 25% der Mastzellen im Infiltrat/Blut mit atypischer/spindelzelliger Morphologie, eine cKIT‐Mutation D816V im Knochenmark oder in einem anderen extrakutanen Organ oder eine durchgehende Serum-Tryptase‐Erhöhung > 20 ng/ml angesehen. Wenn bei der ISM der Knochen beteiligt ist (ISMbone), ist das Risiko für das Auftreten einer Osteoporose um bis zu 30% erhöht. Darüber hinaus steigt in diesen Patienten das Frakturrisiko um 15 bis 50%. In einer prospektiven von der Elsbeth-Bonhoff-Stifung geförderten Studie sollen die Mediatoren im Serum der betroffenen Patienten zu identifiziert werden, die für das Auftreten der multiplen Knochenbrüche verantwortlich sind. Darüber hinaus sind genetische Untersuchungen in sogenannten COP Zellen (Circulating osteoprogenitor cells) geplant, um zu klären, ob bei der Manifestation der Osteoporose bei systemischer Mastozytose eine genetische Prädisposition eine Rolle spielt.

Genetische Formen der Osteoporose

Per definitionem handelt es sich bei der Osteoporose um eine erniedrigte Knochendichte, die mit einer Störung der Mikroarchitektur und erhöhter Frakturrate des Knochens einhergeht.

Zum Ausschluss einer sekundären Ursache der Osteoporose kann neben der Basisdiagnostik nach Leitlinien intensive Zusatzdiagnostik durchgeführt werden. Kann anhand der erhobenen Daten die Schwere der Osteoporose nicht erklärt werden, wird eine zusätzliche Knochenbiopsie empfohlen. Bei negativem Befund oder Ablehnung der invasiven Diagnostik kann eine genetische Analyse durchgeführt werden. Die genetische Analyse inkludiert initial 9 Zielgene aus dem NGS-Gen-Bone-Panel: ALPL, BMP1, COL1A1, COL1A2, CRTAP, IFITM5, LRP5, WNT1 und PLS3. Bei zusätzlichem Verdacht können auch weitere genetische Analysen durchgeführt werden. Bei einzelnen Patienten kann eine separate Untersuchung der COL1A1- und COL1A2-Gene mittels MPLA (Multiplex Ligation-dependent Probe Amplification) erfolgen. Aktuell beantworten wir die Frage, ob die Indikation zur Diagnostik adäquat gestellt wird oder in Zukunft geändert werden muss.

Methotrexat-Osteopathie

Methotrexat (MTX) ist ein Standardmedikament u.a. zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Unter der Therapie treten bei einigen Patienten Unterschenkelbrüche auf, die an Stressfrakturen erinnern und nicht als Folge einer begleitenden Osteoporose angesehen werden. Diese Veränderungen werden als MTX-Osteopathie bezeichnet. Die Ursache für diese Knochenbrüche ist unklar, die einzige Therapie besteht in der Beendigung der MTX-Therapie. Negative MTX Effekte am Knochen sind über eine erhöhte Bildung von Homocystein, die Beeinflussung des Receptor activator NF-kB Ligand/Osteoprotegerin (RANKL/OPG) Quotienten oder eine erhöhte Zytokinausschüttung vorstellbar. Homocystein destabilisiert die Knochenmatrix, ein erhöhter RANKL/OPG Quotient aktiviert die knochenabbauenden Zellen, ein Effekt der auch durch eine erhöhte Zytokinproduktion induziert wird. Zusätzlich negative Effekte sind durch die Co-Medikation mit Glukokortikoiden zu erwarten. In der Kombination mit MTX scheinen aber auch Coffein und Theophylin einen negativen Einfluss auf den Knochen haben. Das Verständnis des lokalen Mechanismus von MTX an der Knochenzellfunktionseinheit soll helfen die MTX-Osteopathie zu verstehen und damit zu verhindern. In unserer Arbeitsgruppe wurden bereits erste Zellkulturexperimente durchgeführt, die zeigen, wie sich die Gabe von MTX in Gegenwart verschiedener Mediatoren (Glukokortikoide, Homocystein, Coffein) auf Osteoblastenentwicklung und Zytokinausschüttung auswirkt. Der Vergleich von PatientInnen mit MTX Therapie mit und ohne Insuffizienzfrakturen soll Einflussfaktoren für die Problematik identifizieren.

Themen für Dissertationen

Wir suchen Doktorand:innen, die sich 2022 6 Monate Zeit nehmen können, um folgende Themen im Rahmen einer Studie zu bearbeiten:

1. Methotrexat Osteopathie - möglicher prospektiver Untersuchungsteil und vorhandene Daten aufarbeiten, ab Januar 2022

2. Hypoparathyreoidismus  - vorhandene Daten aufarbeiten, prospektiver Untersuchungsteil, Start ab Januar 2022

3. Mastozytose - Prospektive geförderte Untersuchung voraussichtlicher Start April/2022, Vorbereitungen laufen, Start der Arbeit Januar 2022

Bei Interesse melden Sie sich bitte bei Frau Prof. Siggelkow.

Funding

Kooperationen

  • MVZ Endokrinologikum, Göttingen
  • Prof. Dr. Mladen Tzvetkov und Angelique Kragl, Universität Greifswald
  • Prof. Dr. Christoph Hermann-Lingen, Universitätsmedizin Göttingen
  • Prof. Dr. Stephan Sehmisch, Medizinische Hochschule Hannover
  • Prof. Dr. Arndt Schilling und Dr. Marina Komrakova, Universitätsmedizin Göttingen
  • Prof. Dr. Dr. Uwe Kornak, Universitätsmedizin Göttingen
  • PD. Dr. Undine Lippert, Universitätsmedizin Göttingen
  • Dr. Judith Witzel, Universitätsmedizin Göttingen
  • Prof. Nicolai Miosge, Universitätsmedizin Göttingen
  • Dr. Frank Streit, Universitätsmedizin Göttingen
  • Dr. Andreas Leha, Universitätsmedizin Göttingen
  • Dr. Bettina Stamm, MVZ Endokrinologikum, Saarbrücken
  • Prof. Martin Grußendorf, Stuttgart
  • Dr. Antje Hagenguth-Görs, Göttingen
  • Dr. Martin Gehlen, Klinik Der Fürstenhof, Bad Pyrmont
  • Prof. Dr. Ralf Schmidmaier, Dr. med. Christian Lottspeich, Universität München
  • Kooperation Serviceeinrichtungen UMG
  • INDGHO Genomdiagnostik Prof. Dr. Detlef Haase, Christina Ganster
  • Cell-Sorting, Prof. Dr. Gerald Wulf, Sabrina Becker
  • NGS-Serviceeinrichtung für Integrative Genomik (NIG), Dr. Gabriela Salinas-Riester
  • Proteomanalye, Dr. Christoph Lenz

Netzwerke

Team

Arbeitsgruppenleiterin

Prof. Dr. med. Heide Siggelkow

Kontaktinformationen

  • Head of the working group Experimental and Clinical Osteology

    Medical Director MVZ ENDOKRINOLOGIKUM Göttingen – Zentrum für Hormon-, Knochen- und Gelenkerkrankungen, Endokrinologie, Osteologie, Rheumatologie Nuklearmedizin und Humangenetik

    Contact: Heide.Siggelkow(at)amedes-group.com  

    Tel: 0551-63374633

    Homepage Endocrinology

Postdoc

  • Dr. rer. nat. Martina Blaschke


Med. Doktoranden

  • cand. med. Anna Schneider
  • cand. med. Christof Wilke
  • cand. med. Carla Bottler
  • cand. med. Marius Conze
  • cand. med. Leonhard Hummel
  • cand. med. Luzia Ingenlath
  • cand. med. Julius Hartmann
  • cand. med. Florian Blümel
  • cand. med. Maximilian Kreißig
  • cand. med. Eva Schnitzler
  • cand. med. Annika Riemann
  • cand. med. Patrice Libeau
  • cand. med. Eelka Bockelmann
  • cand. med. Julia Krastel
  • cand. med. Niels Schmidt

Alumni

  • Dr. med. Katja Benzler
  • Dr. med. Katja Rebenstorff
  • Dr. med. Wiebke Kurre
  • Dr. med. Christopher Niedhart
  • Dr. med. Iris Engel
  • Dr. biol. Dirk Hilmes
  • Dr. med. Rolf-Michael Schenck
  • Dr. med. dent. Janine Meyer
  • Dr. med. Antje Pfaffe
  • Dr. med. Anne Klüver
  • Dr. med. Eva Schmidt
  • Dr. med. Felicitas Horn
  • Dr. med. Julia Cortis
  • Dr. med. Markus Giesen
  • Dr. med. Philipp Braun
  • Dr. biol. Laura Ponce Ph.D.
  • Dr. Sarayi Bozkurt
  • Dr. med. Timo Clasen
  • Dr. med. Viktoria Grätz
  • Dr. med. Kai-Henrik Peiffer
  • Dr. med. Björn Wiesemann
  • Dr. med. Jana Deuschl
  • Dr. med. Johannes Beismann
  • Dr. med. Sebastian Ried
  • Dr. med. Michael Etmanski
  • Dr. med. Niklas Stamm
  • Dr. med. Elin Kahlert
  • Ina Dressel B.sc.
  • Dr. med. Judith Witzel
  • Dr. med. Anna Frank (geb. Giessel)
  • Dr. med. Enver Aydilek
  • Dr. med. Deborah Wilde

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